Warum Gendermedizin die medizinische Qualität verbessert

Warum Gendermedizin die medizinische Qualität verbessert

Prof. Dr. med. Dr. h.c. Vera Regitz-Zagrosek gründete als Pionierin das einzige Institut in Deutschland für Geschlechterforschung in der Medizin und spricht am Gendermedizintag der ETH und Medbase. Im Interview gibt sie einen kurzen Einblick, warum Gendermedizin wichtig ist.

21. August 2024
Medbase on Facebook

In einem Interview haben Sie mal gesagt, dass Sie das Streben nach Qualitätsverbesserung zur Gendermedizin gebracht hat. Wie hängt die Gendermedizin mit medizinischer Qualität zusammen?

Eine differenziertere und personalisierte Betrachtung unserer Patientinnen und Patienten hilft – so werden die Symptome von Herzinfarkten bei Frauen mittlerweile besser erkannt, dadurch die Diagnostik von Infarkten beschleunigt, die Behandlungsstrategie besser angepasst, Medikamente genauer dosiert. Überflüssige Diagnostik wird eingespart. Das alles ist Qualitätsverbesserung.

 

 

Vera Regitz-Zagrosek

Prof. Dr. med. Dr. h.c. Vera Regitz-Zagrosek ist Fachärztin für Kardiologie und hat die erste und bisher einzige Professur für Frauenspezifische Gesundheitsforschung mit Schwerpunkt Herzkreislauf-Erkrankungen inne. Sie ist Gründungspräsidentin der Deutschen und der Internationalen Gesellschaft für Geschlechtsspezifische Medizin und von 2007 bis 2019 war sie Direktorin des von ihr gegründeten und weiterhin erfolgreichen Instituts für Geschlechterforschung in der Medizin – „Berlin Institute for Gender in Medicine“ (GiM) – an der Charité in Berlin.

Man hört immer wieder, eine differenziertere Behandlung von Frauen und Männern nütze beiden Geschlechtern gleichermassen. Können Sie erläutern, wieso das so ist?

Meistens ist es so, dass Gesundheitsdaten an überwiegend männlichen Kohorten erhoben und kritiklos auf Frauen übertragen werden. Aber es gibt auch das Umgekehrte: zum Beispiel bei Depressionen oder Osteoporose sind Diagnostik und Therapie auf weibliche Normen zugeschnitten, da die Erkrankungen bei Frauen häufiger sind. Und hier hilft ein differenzierter Blick auf die Männergruppe, um Diagnose und Therapie für sie zu optimieren.

Gendermedizin Tag 

Am 12. September 2024 findet an der ETH der Gendermedizin Tag in Zusammenarbeit mit Medbase statt. Vorträge, Referate und eine Podiumsdiskussion beleuchten die biologischen und soziokulturellen Unterschiede zwischen Männern und Frauen in der Medizin. Die Veranstaltung steht allen Personen offen.

> Jetzt anmelden

Man weiss heute, dass sowohl das biologische als auch das soziokulturelle Geschlecht die Gesundheit beeinflussen. Was muss ich mir darunter vorstellen?

Biologie – das sind unsere Gene und Hormone, inklusive der Geschlechtschromosomen, das grosse X und kleine Y, und Sexualhormone, Östrogen, Testosteron, Progesteron u.a., die die Funktion all unserer Zellen und Organe bei Erkrankungen und damit den Krankheitsverlauf wesentlich mitbestimmen.  Das soziokulturelle Geschlecht bestimmt unser Verhalten, z.B. beim Auftreten von Krankheitszeichen, die Äusserung von Beschwerden, die Haltung zu Therapie und Prävention; und den Umgang des Gesundheitssystems mit uns, die Kommunikation zwischen Ärzt:innen und Patient:innen. Und auch dieses ist wichtig für den Krankheitsverlauf.

Mehr zu Gendermedizin

Frauen und Männer reagieren anders auf Medikamente, sie haben bei Erkrankungen andere Symptome und werden auch unterschiedlich behandelt. Die Gendermedizin findet immer mehr Zusammenhänge, was beiden Geschlechtern nützt.

> Jetzt lesen

nach oben

Wir verwenden Cookies und ähnliche Technologien, um die Benutzerfreundlichkeit zu verbessern, unseren Datenverkehr zu analysieren, Inhalte und Werbung zu personalisieren und Social Media-Funktionen bereitzustellen. Weitere Informationen finden Sie in unserer Datenschutzerklärung